05 Juni 2022

Das Wunder der Geburt...aus den Augen einer frischgebackenen Mama

(vom 22.11.2013)

Junia Abigail Müller wurde am 12. November um 4.05 Uhr zu Norah Jones' Lied "Wish I could" geboren (http://www.youtube.com/watch?v=YIEsv4cGkxU). Gerade eine Woche vorher lief ich an einem regnerischen Tag zur Bibliothek, um das Album "Not too late" auszuleihen. Damals war sie auch schon da, nur noch im Bauch. Wer hätte gedacht, dass sie einige Tage später schon zur Welt kommen würde. Geburt. Erstaunlich. Unglaublich. Ein Wunder Gottes. Eine Verbindung zu Leben und Sterben.

Nachdem wir am Freitag davor im Krankenhaus waren, um einen Stress test machen zu lassen (gucken, ob es Baby gut geht), waren wir am Montag morgen schon wieder da, damit man den Geburtsvorgang in Gang setzt. Wir hatten noch überlegt, ob wir den Termin verschieben, um meinem Körper und dem Baby Zeit zu geben, selbst den Anstoß zu machen. Dann wurde uns allerdings erklärt, dass die Methode zur Einleitung auch schon mal einige Tage dauern kann, damit sie wirkt. Und es war noch nicht mal sicher, dass es bei mir überhaupt wirkt. Es wurde eine Substanz an den Muttermund gelegt, um ihm zu helfen, schneller weicher und geburtsbereiter zu werden. Wir fuhren wieder nach hause und gingen unseren üblichen Dingen nach.

Ich merkte allerdings schon recht bald, dass sich etwas veränderte: die Vorwehen gingen so langsam über in stärkere Wehen und gegen 19 Uhr fingen wir an, sie aufzuschreiben. Ich war mir nicht sicher, ob das denn jetzt nun Wehen waren oder nicht, zudem waren sie recht unregelmäßig. Doch die Schmerzintensität nahm bald zu, sodass ich mich nicht mehr davon ablenken konnte. Es wird immer so gesagt, dass man ins Krankenhaus fahren soll, wenn die Wehen eine Minute oder länger dauern und im Abstand von 4 bis 5 Minuten kommen. Nun, meine dauerten irgendwann dann zwischen einer und drei Minuten und kamen im Abstand von einer bis einandhalb Minuten. Da war nicht viel Pause zum durchatmen und entspannen! Wir riefen das Krankenhaus einige Male an, weil wir uns nicht sicher waren, ob wir nun kommen sollten oder nicht.

Gegen 11 Uhr abends haben wir dann doch auf der Geburtsstation eingecheckt. Vom Auto aus war es schwer zu laufen und ich musste jedes Mal anhalten und durch die Wehe durchatmen. Die Schwester hat dann die Medizin rausgenommen und mich an einen Monitor angeschlossen, um das Baby und die Wehen für eine Stunde zu beobachten. Falls es nicht weiterging mit den Wehen, könnten wir wieder nach hause, sagte sie. Allerdings ging es weiter und uns wurde ein Zimmer zugewiesen. In dem Krankenhaus hier hat jede gebärende Frau ein Privatzimmer mit Badezimmer und Schlafmöglichkeit für den Geburtspartner. Gott sei Dank bekamen wir auch noch ein Zimmer mit Badewanne! Da ging ich dann erst einmal rein und die Wärme half mir, besser mit den Wehen umzugehen und etwas zu entspannen. Wir konnten was essen und trinken und hatten eine kleine Pause von den Wehen. Wir machten Musik an (Jack Johnson und Norah Jones) und machten das Licht aus im Bad. Nur vom Zimmer aus strahlte ein wenig hinein. Babys Herzschlag wurde immer wieder mal gecheckt, aber Junia ließ sich schon da von nichts aus der Ruhe bringen. In der Badewanne blieb ich dann fast vier Stunden und nach der kleinen Pause wurden die Wehen immer stärker und einige von ihnen raubten mir echt die Luft und es war sehr schwer, tief Luft zu holen anstatt vor Schmerzen zu schreien. Aber die Schwester, die die ganze Zeit dabei war hat mich sehr ermutigt und mir geholfen dabei. Ich probierte Lachgas aus, um die Schmerzen zu lindern, aber hatte das Gefühl, dass es nicht wirklich half und mir nur prickeln im Gesicht brachte. Außerdem musste ich auf so ein Mundstück beißen, dabei wollte ich meinen Mund so weit wie möglich auf haben, um so viel Luft wie es geht einzuatmen.

Irgendwann fragte ich dann, ob sie mir etwas für die Schmerzen geben könnte. Im Geburtsplan, den wir vorher verfassten und dem Personal gaben stand aber, dass ich möglichst keine Schmerzmittel haben will. Daran hielt sich unsere Schwester dann auch und war recht konsequent, indem sie sagte, dass ich es schaffe und die Schmerzmittel auch nur die Schmerzen etwas lindern, aber nicht verschwinden lassen. Da dachte ich nur: ja, sie hat recht. Ich kann das ohne Schmerzmittel. Aber wenn man solchen Schmerz verspürt, dass man denkt, man stirbt gleich davon, wird einem so einiges egal. Ich fand das echt stark von ihr, dass sie da nicht nachgegeben hat.

Irgendwann platzte dann die Fruchtblase. Der Muttermund war nun zwischen 5 und 6 cm offen. Es ging voran! Kurz danach kamen aber diese luftraubenden Wehen. Selbst das warme Wasser schien nun nicht mehr viel zu helfen. Ich weiß nicht, wie lange diese dauerten. Die Schwester sagte dann, ich solle ihr bescheid sagen, wenn ich den Drang habe zu pressen. Vorher dachte ich nur: na, wie soll sich das wohl anfühlen? Aber kurze Zeit später wusste ich es. Die Schwester checkte nochmal alles und sagte, der Muttermund sei nun 10 cm weit und der Kopf des Babys schon sehr weit unten! Höchste Zeit, mich aus der Wanne zu holen! Leider machen sie dort noch keine Wassergeburten, das wäre schön gewesen.

Auf dem Bett checkte sie alles nochmal und rief eilig die Ärztin während sie mich ermutigte, bei jeder Wehe die Luft anzuhalten und so lange wie es geht zu pressen. Die Wehen waren nun zwar nicht mehr so schmerzhaft, dafür aber Junias Kopf im Geburtskanal umso mehr unangenehm. Es fühlt sich wirklich ein wenig so an, als würde man einen Ball zur Welt bringen müssen, haha. Ich presste aber glücklicherweise nur 15 Minuten und dann war Junia nach etwa 10 Stunden Wehen auf der Welt und verkündete es mit lauten Schreien. Die Schwester lobte mich, wie kontrolliert ich presste. Ich hatte aber nicht wirklich Ahnung, was ich machte, sondern verließ mich auf meinen Instinkt.

Dieser Moment, als sie auf die Welt kam ist schwer mit Worten zu beschreiben. Da war so eine Stille im Raum für einige Sekunden, selbst Norah Jones schien zu singen aufgehört zu haben, bis Junia dann schrie. Oder sang, je nachdem. Sie wurde mir gleich auf die Brust gelegt und fing bald an, ihre erste Mahlzeit ohne Nabelschnur zu genießen. Was für ein Wunder. Und im Hintergrund spielte immer noch die bittersüße Melodie von Norah Jones, die diesen magischen, melancholischen, emotional geladenen Moment so gut untermalte. Ich denke jedes Mal daran zurück und muss weinen, wenn ich das Lied nun höre. Vor Freude natürlich.

Junia war von Anfang an sehr neugierig auf ihre Umgebung und schaute sich alles mit ihren ganz wachen, süßen Babyaugen an. Ich bin immer fasziniert, wenn ich sie beobachte, wie sie mit großen Augen in die Welt schaut und frage mich, wie unsere Welt wohl aus den Augen eines Babys aussieht und was sie wohl dabei denkt (abgesehen davon, dass sie momentan noch nicht sehr viel sehen kann).

Ich habe mich gefragt, wie die Geburt wohl verlaufen wäre, wenn sie sie nicht eingeleitet hätten. Vermutlich hätte es noch einige Tage gedauert. Junia wäre noch mehr gewachsen. Die Geburt hätte vielleicht viel länger gedauert, vielleicht wären die Wehen dafür aber nicht so stark und nah beieinander gewesen. Was die Ärzte erstaunte war, dass Junia immer noch mit Käseschmiere bedeckt war, was wohl bei Babies, die spät kommen, sehr unüblich ist. Vielleicht noch ein Zeichen, dass wir beide noch ein wenig mehr Zeit gebraucht hätten. Aber dann wäre die Wahrscheinlichkeit eines Kaiserschnitts größer gewesen, weil sie ja nun da schon ein nicht mehr kleines Baby war (3732 g und 54 cm!).

Diese wäre und hätte Fragen sind zwar ganz nett zu stellen, aber letzten Endes erinnert es mich nur an ein Lied von Steve Green namens "Creation Sings". An einer Stelle heißt es "[He] commands the newborn babies' cry" (Gott bestimmt den Zeitpunkt des ersten Neugebornenenweinens). Und so ist es auch. Gott hat schon alles richtig gelenkt und war bei uns.

Ich muss an die unzähligen Frauen der Vergangenheit denken, die ihre Kinder ohne dieses gute medizinische System, das wir heute haben, zur Welt gebracht haben. Wenn man daran denkt, wieviele Komplikationen entstehen können, ist es ein wirkliches Wunder, dass so viele Babies und Mütter die Geburt überlebt haben.

Dann schaue ich mir Junia an. Sie ist so klein und abhängig von ihrer Umwelt und den Personen, die sich um sie kümmern. Babies müssen unglaubliches Vertrauen von Anfang an haben, dass jemand sich um sie kümmert und sie gut versorgt werden. Sie sind so hilflos, kein Wunder, dass sie am Anfang schnell von Dingen irritiert werden. Ich glaube, mittlerweile hat unsere Maus gelernt, dass wir immer da sind und ihre Bedürfnisse stillen und mit ihr kuscheln. =) Sie weiß auf jeden Fall was sie will und macht es auch sehr klar. Von Anfang an hatte sie einen kräftigen Schrei! Sie mag es immer noch nicht, wenn wir ihre Windel wechseln. Dafür mag sie es (vor allem bei Harry) in die frische Windel zu machen oder daneben auf den Wickeltisch, wenn man gerade wechselt.

Das Baden mag sie mittlerweile allerdings mehr. Heute habe ich ihr eine kleine Massage mit Olivenöl nach dem Baden gegeben und sie mochte es sehr. Sie gewöhnt sich immer noch daran, auf dem Rücken zu schlafen und hat daher manchmal Probleme, ruhig in ihrem Bettchen zu schlafen. Bei Mama und Papa im Bett oder auf der Brust ist es halt viel kuscheliger! Wir nehmen jede Nacht so wie sie kommt. Manchmal ist sie ziemlich ruhig und schläft im 2 oder 3 Stundenrhythmus durch, dann gibt es wieder Nächte, in denen wir ständig aufstehen und sie aus ihrem Bettchen holen, weil sie irgendetwas hat oder braucht. Aber sie schläft ja sonst meistens und dann können wir auch schlafen, vor allem tagsüber. Es ist schön, gemeinsame Nickerchen als Familie zu haben!

Am Anfang hatte sie ein wenig Gelbsucht. Dadurch, dass Junia allerdings so gern und gut isst, ist die Gelbsucht nun fast weg. Mittlerweile geht das Stillen auch ziemlich gut und Gott sei Dank ohne Schmerzen (ich hätte nicht gedacht, dass es am Anfang ziemlich weh tut!). Juni macht sehr gern ziemlich lustige Gesichter  und Geräusche beim Träumen, so haben wir oft was zu lachen neben dem Bewundern ihrer Niedlichkeit und anschließendem knuddeln und mit Küssen überhäufen. Sie kann ihren Nacken schon erstaunlicherweise gut und lange halten und ist ganz schön stark, manchmal muss man regelrecht mit ihr kämpfen beim pucken. Sie schafft es immer wieder, ihre Arme rauszukriegen nach einer Weile. Außerdem hat sie ganz neugierige, dunkelblaue Augen, mit denen sie sehr wach und aufmerksam ihre Umwelt beobachtet. Und vor allem hat sie ganz viel Geduld mit uns, die wir noch viel lernen und vor allem sie kennen lernen müssen.

Ich möchte hier noch eine sehr wichtige Person erwähnen, mit der ich gemeinsam auf diesem Abenteuer bin: meinen Harry. Er war die ganze Zeit über während der Geburt an meiner Seite und hat mich so unglaublich unterstüzt. Er hat mir genau das gegeben, was ich brauchte: eine starke, beruhigende Quelle von Liebe und Mitempfinden. Er hat nicht viel gesagt oder getan, sondern saß einfach ruhig neben mir und ich durfte seine Arme und Hände zerquetschen während ich mich voll auf jede Wehe konzentrierte. Genau das hab ich gebraucht. Er war der perfekte Geburtspartner. Es war auch so schön, dass er die ganze Zeit mit im Zimmer sein konnte. Nach der Geburt hat er sich im Krankenhaus und zu hause liebevoll um mich und Junia gekümmert, als mein Körper sich erholt hat und ich nicht viel machen konnte. Und das, obwohl er noch ziemlich viel für sein Studium zu tun hatte. Er hat auch so viel Geduld, Liebe und Verständnis für mich in Situationen, wo meine Emotionen aufgrund der Hormone noch ein wenig verrückt spielen. Gott hat mir einen wunderbaren Menschen zum Ehemann geschenkt und ich bin so unglaublich dankbar, die Erfahrung als Eltern mit ihm machen zu dürfen. Ich weiß, dass er ein ganz toller Papa für Junia sein wird und jetzt schon ist!

Das Wunder der Schwangerschaft und Geburt. Etwas einzigartiges. Aus einem Zellhaufen wird durch Gottes Kraft und Willen ein neuer Mensch geschaffen. Biologisch gut erklärbar und dennoch bin ich fassungslos und meinem Atem beraubt, wenn ich mir Junia anschaue und das Wunderwerk und den Funken Gottes in ihr sehe.

Soweit erst einmal von uns hier. Erstaunt, Beglückt und voller Freude schicken wir euch viele Grüße und Umarmungen,

Harry, Luna und Junia